Einsam - Gemeinsam - Heilsam
Die heilende Kraft der weiblichen Yin-Energie
Portrait: Naturheilpraktikerin und gute Fee in Sri Lanka
Meine Reise endet mit einer Yogalehrer-Ausbildung bei „Yoga Lanka“, Sri Lanka. Das Yoga Lanka ist ein Refugium, dass sich im südlich gelegenen Habaraduwa – einer Kleinstadt am traumhaften Koggala-See befindet. Es ist ein wunderschöner und offener Ort, in dem großer Wert auf Nachhaltigkeit gelegt wird. Abseits vom geschäftigen Treiben der Stadt und den hupenden Tuk Tuks auf den Straßen, liegt das Retreat im grünen Dorfinneren versteckt. Die Oase mündet in den gigantischen Koggala-See, der naturgeschützt ist. Inmitten des Sees gibt es eine Gewürz-Insel, auf der Zimt angebaut wird. Der riesige und weite See strahlt eine magische Ruhe aus: ein Augenblick der friedlichen Stille, der ewig zu währen scheint. Blickt man auf den See wird einem nicht nur die atemberaubende Schönheit der Natur bewusst, auch der gegenwärtige Moment – das Hier und Jetzt. Wenn ab und an kleine Weißkopfadler oder Storche elegant in Zeitlupe über den See schweben, dann scheint die Zeit still zu stehen. Insbesondere sind die Sonnenaufgänge bei klarem Himmel, wenn Sterne sowie Mondsichel noch zu sehen sind und die ersten Sonnenstrahlen die Wasseroberfläche sanft berühren, ein pures Farbspektakel – ein paar Minuten lang, konfrontiert dich die Natur mit ihrer geballten Energie und lädt dort einen energetisch auf. Zwei Krokodile beheimaten ebenfalls den See. Das ist auf der einen Seite schade, weil man das starke Bedürfnis verspürt, direkt ins Wasser zu springen, aber auf der anderen Seite auch gut so, wenn Menschen Tiere in Ruhe lassen, was den Ort umso spezieller macht: man interagiert bewusst und behutsam mit der Natur. Insgesamt ist das Retreat ein warmes und geschütztes Nest für innere Einkehr und Ruhe – eine Art Blase, abgeschottet von der Außenwelt, in der man sich umgeben von der Natur zurückziehen kann, um Körper, Geist und Seele zu nähren und in Balance zu bringen.
Janina ist die erste Person, die neben mir am großen Massivholztisch Platz nimmt. Wir sitzen auf einer langen Sitzbank, wo alle Mahlzeiten während den nächsten drei Wochen gemeinsam eingenommen werden – hier ist der Treff- sowie Knotenpunkt. Es ist anfangs ein typisches Kennenlerngespräch zwischen uns, entwickelt aber schnell eine Dynamik, die nicht rein an der Oberfläche kratzt. Ich bemühe mich nicht gleich zu fragen: „Und was machst du beruflich?“ Stattdessen frage ich, warum sie sich ausgerechnet für eine Yogalehrer-Ausbildung in Sri Lanka entschieden habe. Schnell wird klar, dass wir einige Gemeinsamkeiten aufweisen: wir benutzen beide ständig Tiger-Balsam, uns verbindet das Reich der Mitte, wir lesen beide zeitgleich Bücher die sich mit dem Daoismus beschäftigen und wir haben beide eine Affinität zu Neuseeland und sprechen über unsere Faszination zu Maoris und deren Kultur aus – dabei hat jeder von uns seinen individuellen Bezug zum Land. Wir finden heraus, dass wir beide die gleiche erste Station in Sri Lanka hatten – reiner Zufall oder doch Synchronizitäten? Wir sind also direkt irgendwie auf einer Wellenlänge und verstehen uns. Doch irgendetwas macht mich zunächst argwöhnisch. Sie wirkt leicht nervös, reibt ihre Hände unaufhörlich an ihrem Bein und blickt manchmal unsicher, fast schon traurig, drein. Was geht bloß in ihr vor? Ich fühle, dass sie leicht angespannt ist. Wir verbringen drei intensive Wochen miteinander, in der ich sie besser verstehen lerne.
Während wir das Interview führen, schweben ab und an kleine leuchtende Gäste vorbei – es sind Glühwürmchen, die wie kleine Sterne wiederkehrend funkeln. Die Dunkelheit ist bereits eingebrochen. Wir sitzen draußen, der See ein paar Fußschritte von uns entfernt und hören manchmal leise das Wasser ans Ufer klatschen. Janina selbst ist wie eines dieser Würmchen, denn auch ihre Augen leuchten immer wieder auf, wenn sie von ihrer Berufung, Passion sowie ihrem Pflegepferd spricht.
„Es war damals Liebe auf den ersten Blick. Die letzten vier Jahre war sie mein Anker. […]“
Pferde-Liebe
Janina Lenzin (27) hat langes goldbraunes Haar, das ihr bis zur Hüfte geht, einen akkurat sitzenden Pony und tiefe grüne Augen mit einem braun rötlichen Schimmer, der die Iris wie eine Sonne umrundet. Janina ist ein zierliches Wesen und erinnert an eine grazile Elfe – ihr Flügel-Tattoo auf dem Rücken unterstreichen das Bild ungemein.
Sie wächst im Kanton Aargau, im Norden der Schweiz, auf dem Land auf. Umgeben von der prächtigen Natur, ist sie die älteste von zwei Geschwistern. Derzeit wohnt sie in Baden.
Bereits als Kind fühlt sie sich in der Grundschule sowie auf der weiterführenden Schule als Außenseiterin, oftmals nicht willkommen und wird teilweise für ihr „Anderssein“ gemobbt. „Ich habe schon früh aufgehört zu spielen, während meine Schwester noch mit Playmobil oder Barbies gespielt hat“, schildert sie ihre Kindheit. Bücher ersetzen ihre Freunde und sie verbringt lieber Zeit mit Erwachsenen und hört ihnen zu, anstatt sich mit Themen von Gleichaltrigen zu beschäftigen. Bereits als Kind interessiert sie sich eher für bedeutungsvollere Themen mit Tiefgang und fragt sich schon früh nach dem Sinn des Lebens. Seitdem sie vier Jahre alt ist, spielt sie jedoch im Kindertheater und liebt es in fremde Rollen zu schlüpfen. Später erfahre ich, warum sie sich so „anders“ fühlt.
Mir fällt ein weiteres Tattoo an ihr auf, das auf ihrem linken unteren Oberarm schemenhaft skizziert ist. Dieses Tattoo stellt ihr Pflegepferd dar – eine baden-württembergische schwarze Stute namens Lanthana. Während Janina stolz von ihr spricht, werden ihre Augen glasig und ihre Stimme sehr sanft. Sie durften die letzten Jahre viel Zeit miteinander verbringen. „Es war damals Liebe auf den ersten Blick. Die letzten vier Jahre war sie mein Anker. Ich habe niemanden so oft gesehen wie sie. Sie war ein Spiegel meiner selbst und war sehr wichtig für mich – ist sie auch jetzt noch“, schildert sie ihre Bindung zum Pferd. Es scheint noch immer eine liebevolle Beziehung zwischen den Beiden zu bestehen, die von Hingabe geprägt ist – ein unsichtbares Band, das niemals reißen mag und auf das Janina mit Dankbarkeit und Liebe zurückblickt. Insbesondere in schweren Zeiten ist Lanthana ihr eine enorme Stütze sowie Begleiterin gewesen.
Nach langer Suche nach dem richtigen Studium, verfolgt sie mit 20 Jahren den Wunsch, Hebamme zu werden. Die Aufnahmeprüfung ist jedoch äußerst anspruchsvoll in der Schweiz und mit einigen Hürden verbunden. Janina fällt knapp durch die Prüfungen, was vor allem auf ihren damaligen körperlichen und mentalen Zustand zurückzuführen ist. Denn sie leidet unter anderem an starker Endometriose – eine gutartige, jedoch oft schmerzhafte chronische Erkrankung, bei der Gebärmutterschleimhaut (im Fachjargon Endometrium genannt) außerhalb der Gebärmutter zu finden ist, vor allem im Bereich des Unterleibs. Janina kämpft zudem seit Jahren mit Essstörungen, was dem Körper Energie und dem Verstand den nötigen Fokus raubt. Doch ihr Weg sollte sowieso ein anderer werden – einer, der viel mehr ihrer Passion entspricht.
„Wow, ich verstehe, warum das und jenes nicht geklappt hat. Ich bin genau da, wo ich sein soll. [...]“
Traditionelle Chinesische Medizin – Ein ganzheitlicher Ansatz
Seit 2017 beschäftigt sich Janina intensiv mit der alternativen Medizin. Ihr Schwerpunkt liegt hierbei auf der vor beinahe 2500 Jahren entstandenen Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Als man ihr nach drei Operationen gegen ihre starken Unterleibsschmerzen zur Pille rät, sucht sie nach Alternativen. Die kaum ertragbaren Endometriose-Schmerzen sowie ihr Taubheitsgefühl im eigenen Körper führen sie zu einem TCM-Heilpraktiker. Sie ist von seinem allumfassenden Wissen sowie seiner einfühlsamen Herangehensweise der Schmerzbehandlung inspiriert. Er nimmt sich nicht nur ausreichend Zeit für sie, sondern auch seine ganzheitliche Betrachtungsweise der traditionellen chinesischen Medizin eröffnen ihr eine neue Welt, in der sie sich geschützt fühlt und gleichzeitig ihre Symptome besser begreift. Janina erklärt, dass die TCM-Behandlung einen wunderbaren Weg aufzeige, um Körper, Geist und Seele in Einklang zu bringen – ein Ansatz, mit dem sie sich sehr gut identifizieren kann und mit der sie in Resonanz geht. Ihr Naturheilpraktiker wird eine Art Mentor und Freund zugleich. Sie ist von seiner holistischen Behandlung so überzeugt, dass sie sich entschließt, schließlich selbst TCM in Luzern zu studieren. Das Studium eröffnet ihr sowohl einen neuen Kosmos, in dem alles miteinander verbunden scheint und Sinn ergibt, als auch eine Tür, um in ihren eigenen Mikrokosmos einzutauchen und diesen wahrzunehmen. Rückblickend kann sie einordnen, warum damals alles so gekommen ist: „Ich verstehe, warum das und jenes nicht geklappt hat. Ich bin genau da, wo ich sein soll. Insbesondere während des Studiums hatte ich eine Realisation nach der anderen“, rekapituliert sie ihre Erfahrungen.
[…] „Für mich gibt es nichts anderes: Körper, Geist und Seele gehören für mich immer zusammen. Das ist unzertrennlich. Und das wird in der westlichen Medizin oftmals vergessen.“
Sri Lanka ist eine Auszeit für Janina, in der sie herausfinden möchte, wo ihr Platz in der Welt ist. Denn diesen hat sie noch nicht gefunden. In der Schweiz fühlt sie sich seit längerem nicht mehr wohl, von ihrer Umgebung oft nicht verstanden und von der Gesellschaft und den Strukturen in den Funktions- und Leistungsmodus getrieben. „Die Menschen denken nicht mehr ganzheitlich. Sie sind ausgebrannt, müde, erschöpft und haben gesundheitliche Beschwerden. Sie möchten schnell Abhilfe und kommen gehetzt zu mir, damit ich ihnen die Lösung aufzeige. Das ist nicht nachhaltig und entspricht auch überhaupt nicht meinem Heilungsansatz“, beschreibt Janina ihr Gefühl bei ihrer Tätigkeit. Viele Menschen möchten schnell im Außen einen Schlüssel für ihre Probleme auf einem Tablett serviert bekommen, anstatt die Wurzel ihrer Beschwerden selbst im Innen zu erkennen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen – ein Prozess der Geduld sowie Selbstfürsorge erfordert. Nach Janina resultieren körperliche Erkrankungen oftmals aufgrund einer verletzten oder gar gebrochenen Seele. „Die Menschen sind häufig angespannt, gestresst und sind nicht bereit selbst nach innen zu schauen, wo die Wurzel all ihrer Schmerzen sowie Probleme liegen. Für mich gibt es nichts anderes: Körper, Geist und Seele gehören für mich immer zusammen und werden in der westlichen Medizin oftmals vergessen“, veranschaulicht Janina eindringlich. Dieser Heilungsweg erfordert jedoch ein tieferes Hineinschauen in die eigene Innenwelt, was im Außen niemals gefunden werden kann. Diese stressige, angespannte sowie schnelllebige Herangehensweise, die von ihr abverlangt wird, fühlt sich nicht stimmig für Janina an. Es entspricht nicht ihrem Verständnis den Menschen auf natürliche Art zu helfen sowie ganzheitlich aufzuklären. Teilweise suchen sie über zwölf Patient:innen am Tag auf. Die Behandlung braucht Zeit, Raum und vor allem ausreichend Energie, sich auf jede Person individuell einlassen zu können. Diese Komponenten sind jedoch nicht gegeben, sodass Janina selbst langsam ausbrennt.
„Ich habe beobachtet, dass oftmals das Zuhören für kranke Patienten heilsam sein kann. Ihnen den Raum zu geben, sich auszusprechen – ihre Seele sprechen zu lassen, ohne das Gesagte dabei zu bewerten.“
Heilende Yin-Schwester
Ich erfahre, dass sie nach dem Gymnasium eine Ausbildung zur Krankenschwester absolviert. Im Gespräch wiederholt sie immer wieder, dass viele Krankheiten psychosomatisch seien: „Du siehst eine Diagnose, aber bei jedem zeigt es sich anders und sie werden doch alle gleich behandelt. Das habe ich nicht verstanden. Diese Symptombekämpfung war nie befriedigend für mich, die Ursache ist einfach nicht weg“, erläutert sie ihre eigene Ethik sowie Betrachtungsweise. Oftmals werden Krankheiten und Symptome durch eine Medikamentenzufuhr schnell behandelt sowie abgewickelt. Nebenwirkungen führen zur Einnahme weiterer Tabletten und Medikamente – ein Teufelskreis der nicht aufhört. „Ich habe beobachtet, dass oftmals das Zuhören für kranke Patienten heilsam sein kann. Ihnen den Raum zu geben, sich auszusprechen – ihre Seele sprechen zu lassen, ohne das Gesagte dabei zu bewerten“, schildert Janina ihre Erfahrungen im Krankenhaus. Ihrer Meinung nach, ist es häufig die Seele, die krank sei, nicht der Körper. Die körperlichen Beschwerden seien ein visuelles Resultat, ein Hilferuf, der verletzten Seele, die nach ihr geheilt werden müsse – dort solle als erstes angesetzt und hingeschaut werden. Janina arbeitet unter anderem auf einer Palliativstation – der Konfrontation mit dem Tod sieht sie jedoch nicht mit Angst entgegen, im Gegenteil. Vielmehr betrachtet sie diese Momente als kostbares Geschenk, bei denen sie die Patient:innen in den letzten Stunden ihres Lebens begleiten darf. Doch der Zustand des Pflegesystems belastet sie stark und die geforderte Anpassung fühlt sich schwer und verkehrt an. Nicht nur als Krankenschwester, auch als Heilpraktikerin fehlt es ihr daher selbst oftmals an Abgrenzung – ihre eigenen Grenzen beschreibt sie als sehr fein, sodass sie sich oftmals verausgabt und ihren eigenen Körper sowie Bedürfnisse nicht mehr richtig spürt. Während sie bemüht ist ihrer Umwelt und den Mitmenschen zu dienen und versucht anderen zu helfen, verliert sie dabei die wichtigste Person ganz aus den Augen – sie selbst.
Die Pandemie hat bei vielen Menschen und insbesondere in der Pflege die psychischen Probleme enorm verstärkt: „Es war schon immer so, dass wir am Anschlag waren, weil wir viel zu wenige waren. Jetzt wird dem mal Gehör verschafft – als wäre es etwas Neues. War es aber nie“, erläutert Janina die jetzige Entwicklung in den Krankenhäusern bedrückt. Zurück möchte sie nicht mehr.
„Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wenn ich mich selbst heile, auch Anderen dabei helfe zu heilen. Weil am Ende sind wir alle eins. […]“
Hochsensibilität: Die eigene Wahrheit leben
Janina leidet mit 13 Jahren an einer starken Essstörung und hat folglich jahrelang mit Anorexie sowie Depressionen zu kämpfen. Lange Zeit fühlt sie sich falsch und nicht zugehörig in der Welt. Eine gesunde und freundschaftliche Beziehung pflegte sie zu ihrem Körper nicht – der Zugang zu ihren eigenen Gefühlen schien verschlossen. Die Gründe hierfür sind vielschichtig und komplex. Aber auch hier ist ihr bewusst, dass ihre Krankheit aus ihrem Seelenleid herrührt, was unter anderem auf Erlebnisse, Trauma und Trauma-Vererbungen und eigenen negativen Glaubenssätzen zurückzuführen ist. Schon als Kind fühlt sie sich irgendwie „anders“, nicht gesehen, nicht verstanden und nicht gehört. Sie hat das Gefühl, anderen schnell „zu viel“ zu sein und empfindet, dass es ihr nicht zusteht so zu sein, wie es ihrer Natur entspricht, denn sie nimmt die Dinge und ihr Umfeld einfach anders bzw. viel intensiver wahr, als die meisten ihrer Mitmenschen. „Ich wurde oft für mein Anderssein schikaniert oder habe meine Gutmütigkeit ausnutzen lassen“, beschreibt sie allen voran ihre Schulzeit. Sie fühlt sich daher nie gut genug und entwickelt einen ungesunden Perfektionismus, der ihr zusätzlich Energie raubt.
„[…] Ich darf auch meinen Heilungsweg gehen und meine Prozesse machen: jeder für sich auf seinem Weg, aber doch zusammen. […]“
Janina ist hochsensibel. Laut Schätzungen ist jeder siebte Mensch hochsensibel. Die Betroffenen nehmen ihre Welt um sich herum intensiver sowie detaillierter wahr als andere. Ihre Sinne sind ausgeprägter, sodass es oft zu Überstimulationen kommen kann. Wenn ein Mensch in seinem Sein permanent Widersprüche zwischen seinen eigenen Wahrnehmungen, Gefühlen sowie Reaktionen seines Umfeldes erlebt, so kann dies in ihm in wirksamen Selbstzweifeln resultieren und damit zu einem geringen sowie instabilen Selbstwertgefühl führen. Das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gruppe ist für alle Menschen essentiell und aus diesem Grund strebt jede:r nach einer solchen Zugehörigkeit. Wenn die mangelnde Übereinstimmung der eigenen Emotionen mit denen der Umwelt den eigenen Wünschen im Weg steht, kann das dazu führen, dass die betroffene Person ihre eigenen Gefühle verleugnet.* Dies war ebenfalls bei Janina der Fall – sie verliert in der Jugend nicht nur den Zugang zu ihren eigenen Gefühlen, sondern auch zu ihrem Körper. Folglich unterdrückt sie ihre Gefühle und bremst sich aus. Wenn es im Aussen zu viel wird, “verlässt” sie ihren Körper. Lange versucht sie, ihr eigenes Verhalten anzupassen, sich für andere verantwortlich zu fühlen, in der illusorischen Hoffnung akzeptiert sowie eingebunden zu werden. Die einzige Kontrolle die sie hat, scheint der Weg über ihren Körper zu sein. Eine Krankheit die keinesfalls Neuland innerhalb der Gesellschaft ist und sowohl viele junge Mädchen, als auch Jungen betrifft.
Sie befindet sich zwar mittlerweile auf ihrem Heilungsweg und erkennt, dass auch sie nicht perfekt sein muss und das dies völlig in Ordnung ist. Dennoch beschreibt sie diese Krankheit wie eine Art Narbe, die schnell aufreißen und man leicht in alte Muster verfallen könne. „Du musst realisieren, dass es nicht deine Gedanken sind, sondern kranke Gedanken. Wenn man das unterscheiden kann, ist es einfacher“, schildert sie die Essstörung und die damit verbundenen Gedanken.
Durch ihre eigenen Erfahrungen mit Depressionen, Anorexie und der Unterdrückung ihrer eigenen Persönlichkeit, fühlt Janina sich heute mehr denn je dazu berufen, andere Menschen, vor allem Frauen, darin zu stärken, wieder in die eigene Kraft zu kommen. Janina ist noch nicht da wo sie gerne sein möchte und das ist auch gut so, denn indem sie sich auf ihrem Weg selbst heilt, hilft sie gleichzeitig auch anderen: „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wenn ich mich selbst heile, auch Anderen dabei helfe zu heilen. Weil am Ende sind wir alle eins. […]“. Ich bin nicht perfekt und das ist auch schön, dass ich das zeigen darf. Ich habe so lange geschwiegen und den Schein gewahrt. Ich möchte authentisch sein – aber jetzt nehme ich alle meine Facetten an, auch die Schattenseiten“, erklärt Janina leise, aber dennoch bestimmt. Denn auch den eigenen authentischen Weg zu gehen erfordert immer wieder neuen Mut – vor allem sich von seiner verletzlichen Seite zu zeigen, weil man sich gleichzeitig zur Zielscheibe anderer macht. Doch Janina ist im Vertrauen. Ein Prozess, der abverlangt, dass eine Schicht nach der anderen abgelegt wird. „Als Heilpraktikerin dachte ich immer, ich muss perfekt und schon geheilt sein. Aber nein, das muss ich gar nicht. Ich darf auch meinen Heilungsweg gehen und meine Prozesse machen: jeder für sich auf seinem Weg, aber doch zusammen. Wenn wir uns selbst heilen, helfen wir andere Menschen mit – Männer und Frauen. Energie kann auf diese Weise freigesetzt werden und fließen“, erklärt sie.
Ich lasse das Gesagte sacken und denke darüber eine Weile nach. Viele Menschen sind sich ihrer Veranlagung der Hochsensibilität oftmals gar nicht bewusst und sie wird in der heutigen funktionstüchtigen sowie patriarchalischen Gesellschaft häufig als Schwäche interpretiert – einer gefährlichen Kollektivvorstellung, der auch Janina verfallen ist. „Ich weiß oft nicht, ob das jetzt meine Gefühle oder Fremdenergien sind“, erläutert Janina. Es sei daher immer wieder nötig, sich selbst rauszunehmen, sich auf seine Emotionen sowie Bedürfnisse durch Stille und Selbstreflexion zu fokussieren – sich Raum zu geben, auf die eigene Stimme zu hören. Durch das TCM-Studium ist Janina auch imstande ihre eigene Endometriose besser zu verstehen sowie in einen größeren Kontext einzuordnen: „So viele Frauen haben Menstruationsbeschwerden in der Gesellschaft, schämen sich teilweise dafür und machen sich selbst fertig – dies spiegelt die Imbalance innerhalb der Gesellschaft wider“, erläutert Janina die Wechselwirkung zwischen Geist, Körper und der Umwelt. Sie hat es sich daher zur Herzensaufgabe gemacht, Frauen darin zu ermutigen, den Körper sowie den eigenen Zyklus besser zu verstehen, anzunehmen sowie zu ehren. Mit Aufklärung und Offenheit einem Tabuthema entgegenwirken, das bislang noch nicht ausreichend Aufmerksamkeit innerhalb der Gesellschaft erfahren hat. Ihren größten Schmerz hat sie somit in ihre größte Gabe verwandelt.
*Quelle: Reichardt, E. (2016). Hochsensibel. Wie sie Ihre Stärken erkennen und ihr wirkliches Potential entfalten. Irisiana Verlag
Exkurs: Yin und Yang innerhalb TCM
Die chinesische Darstellung des Yin-Yang-Prinzips als verschlungener schwarz-weißer Kreis stellt die dualistischen Prinzipien dar und stammt aus der Naturphilosophie des Daoismus. Der Begriff Dao (dào 道), wird meist als „der rechte Weg“ oder „der große Sinn“ übersetzt und entstand in China, in der Zeit zwischen 5. und 6. Jahrhundert v. Chr. Die Leitidee dieser Grundsätze beschäftigt sich mit dem Leben, das in Harmonie, Balance sowie im Einklang mit Naturgesetzen gelebt wird. Diese Philosophie beschreibt die Phänomene der Natur sowie deren Korrelationen zueinander und zum Universum. Im Daoismus wird der Mensch als verbunden mit allem wahrgenommen – nichts existiert getrennt voneinander. In der ursprünglichen Bedeutung bezieht sich Yang auf die sonnenzugewandte Seite eines Berges (Sonnenseite eines Hügels) und Yin auf die sonnenabgewandte Seite (Mondseite eines Hügels). Der schwarze Bereich (Yin) steht für das Weibliche und Weiche, für Dunkelheit, Ruhe und passives Empfangen. Weiß (Yang) hingegen steht für die Männlichkeit, Sonne bzw. Helligkeit und Wärme sowie aktives Geben. Jedes Geschlecht kultiviert sowohl Yin-, als auch Yang- Energien sowie Eigenschaften in sich. Die Prinzipien sind äußerst komplex und mehrschichtig. Sie besagen im Kern jedoch, dass alles im Leben polar ist. Es herrschen stets zwei entgegengesetzte Kräfte, die miteinander im Einklang stehen: hell:dunkel, Tag:Nacht, Sommer:Winter, Wut:Freude, Leben:Tod; Wachstum:Zerfall etc. Zwei Gegenpole, die sich gegenseitig anziehen und ergänzen. Das Eine kann nicht ohne das Andere existieren. Die Yin- und Yang-Elemente sind also immer in Relation zueinander zu betrachten. Das Leben bedeutet folglich Ungleichgewicht und kein statisches Gleichgewicht. Denn erst im Ungleichgewicht entsteht der Raum für neue Möglichkeiten sowie Veränderung. Im Daoismus unterliegt demnach alles dem ständigen Fluss des Wandels.
Ein medizinisches Monitorgerät misst beispielsweise den Rhythmus der Herzfrequenz – zu sehen sind wellenartige Sinuskurven. Es ist demgemäß völlig natürlich und richtig, dass das Leben einer Berg- und Talfahrt gleicht. Wäre alles still und in perfekter Harmonie, gäbe es kein Leben, denn Leben bedeutet folglich Ungleichgewicht. In der TCM entstehen Krankheiten häufig aufgrund der Imbalance dieser Energien. Die fernöstliche Medizin versucht daher, physische Krankheiten durch verschiedenste Praktiken zu kurieren, die ein Ausbalancieren der Lebensenergie bzw. Qi-Flusses (qì 氣) im Körper zum Ziel haben.
Quelle:
seiwerdubist.at/shiatsu/hintergrundinfos/traditionell-chinesische-medizin/
tcm-im-alltag.net/tcm/tao-dao-yin-yang-prinzip/
„Mir ist es wichtig Menschen darin zu begleiten, sich an ihre weibliche, sanfte und intuitive Kraft zu erinnern – auch Männer. Das bedeutet auch, sich verletzlich zu zeigen. Das ist ein Geschenk, wenn man Zugang zu seiner Yin-Energie hat, die Ruhe und Empathie ausstrahlt. […]“
Be Yin – Die weibliche Kraft leben
Die derzeitige Gesellschaft ist größtenteils Yang dominiert, wenn man sich allen voran die Geschäftswelt anschaut. Männliche Attribute wie Technik, Rastlosigkeit, Schnelllebigkeit, Leistung und ein stetiger Wettbewerb, der in der TCM der Yang-Energie zuzuordnen ist, leiten und dominieren unseren Alltag. Dies stellt eine enorme Herausforderung dar, denn Eigenschaften wie Intuition, Mitgefühl, Empathie, Ruhe, Weichheit und Rückzug, die in der weiblichen Yin-Energie zu lokalisieren sind, gelten oftmals als Schwäche und in einer funktionstüchtigen Welt nicht als erstrebenswert. Dabei sind beide Anteile (Yin- und Yang-Elemente) in unserem Körper integriert und es gilt diese in Balance zu halten – insbesondere in der modernen westlichen Welt.
Janinas Website trägt den Titel „Be Yin“. Die Botschaft ist klar: Sie möchte insbesondere Frauen adressieren und ermutigen, wieder in ihre weibliche sowie angeborene Energie zu kommen, denn es ist das Geburtsrecht einer jeden Frau, ihre Stärken und natürlichen Eigenschaften voll auszuleben, zu umarmen und zu stärken. Sie möchte junge Mädchen und Frauen darin ermutigen, aus ihrer Schale zu schlüpfen, damit sie ihre Perlen wieder erkennen und vor allem wertschätzen können – weg von Anpassung, Selbstkritik, Selbstzweifeln sowie Unterdrückung der eigenen Bedürfnisse und Emotionen. Frauen müssen vielmehr dahin, ihr Inneres wieder zu stärken und selbstbewusst zu sich selbst stehen. Wieso ein dickes Fell zulegen, wenn es sich ohne doch so viel freier und leichter lebt? Eine kollektive Veränderung kann in der Gesellschaft jedoch nur stattfinden, wenn man als erstes bei sich selbst anfängt.
In vielen Lebensbereichen versucht eine Frau ständig das Beste und alles zu geben: als Mutter, Ehefrau, Freundin, Tochter oder im Beruf – eine herausfordernde Bürde, in dem ein gesundes Gleichgewicht kaum noch zu bewerkstelligen ist. Janina möchte die Yin-Anteile eines jeden Menschen festigen, was auch bedeutet, sich von seiner verletzlichen sowie weichen Seite zu zeigen, weil dies letztlich unsere menschliche Natur widerspiegelt. Dies gilt ebenso für Männer: das Indianer-weinen-nicht-Image loslassen und vielmehr den eigenen Gefühlen den nötigen Raum geben, den es braucht. Nach ihr dürfen genauso Jungen und Männer lernen ihre femininen Yin-Anteile mehr auszuleben und einen Zugang zu ihren Emotionen aufzubauen und diese schamlos zeigen. Sowohl der Mann, als auch die Frau kultivieren beide Anteile in sich, die wieder in Gleichgewicht zueinander gebracht werden müssen. Janina ist davon überzeugt, dass eine Ausgeglichenheit zwischen diesen beiden Polen langfristig zu einem harmonischen, gesünderen und menschlichen Miteinander führt, in dem eine gehetzte Ellenbogen-Gesellschaft durch Empathie, Mitgefühl sowie Wohlwollen übermalt wird. Es ist die langfristige Balance zwischen Herz (Yin) und Verstand (Yang), die nachhaltig zu einer intakten sowie freundlicheren Gesellschaft führt, die massive Auswirkungen auf den gesundheitlichen Zustand eines jeden Menschen habe. Janina schreibt Blogartikel auf ihrer Webseite und befasst sich unter anderem mit den Themen „Intuition“ und „Endometriose“, die in einen ganzheitlichen Kontext eingebettet werden. So lautet ein Satz in einem ihrer Artikel zum Beispiel wie folgt:
„Die Alternativmedizin öffnet den Blickwinkel und betrachtet die Endometriose als eine Botschaft von Körper, Geist und Seele.“ Die Aufklärung sowie das Bewusstsein für die Yin-Qualitäten eines jenen Menschen zu schaffen ist ihre große Mission: „Mir ist es wichtig, Menschen darin zu begleiten, sich an ihre weibliche, sanfte und intuitive Kraft zu erinnern – auch Männer. Das bedeutet auch, sich verletzlich zu zeigen. Es ist ein Geschenk, wenn man Zugang zu seiner Yin-Energie hat, die Ruhe und Empathie ausstrahlt. Unsere Gesellschaft ist so nach Außen gerichtet: Schnelligkeit, Leistung, Dynamik, noch besser, noch schneller, noch effizienter – das Fühlen wird als Schwäche angesehen. Das Bewusstsein insbesondere in der Arbeitswelt muss sich ändern“, unterstreicht Janina ihre Intentionen.
„Unsere Seele zeigt sich über den Körper und über Symptome –
da kann sie sich zum Ausdruck bringen“
Auch das Thema Embodiment spielt in ihrer therapeutischen Arbeit eine zentrale Rolle. Embodiment bedeutet „Verkörperung“ – Emotionen und den Körper fühlen. Hierbei ist der Körper als Spiegel der Seele zu verstehen und kann am besten als freien Tanz mit sich selbst verstanden werden – eine Ausdrucksform der Seele durch den Körper geschieht dabei rein intuitiv. Unsere Erfahrungen in der Umwelt nehmen wir nicht nur in unserem Gehirn auf, sondern auch in jeder Zelle unseres Körpers. Demnach haben Emotionen, Erfahrungen sowie Gedanken Einfluss auf unsere Körper. Laut Janina wird Embodiment in der Prozessarbeit und Traumatherapie angewendet: „Unsere Seele, das Innerste, zeigt sich über den Körper und über Symptome – da kann sie sich zum Ausdruck bringen. Alles darf fließen und sich zeigen und das alles geschieht dabei natürlich“, erläutert Janina.
Voller Hingabe beschreibt sie ihre Berufung wie folgt, die sie durch ihre eigenen, teils bitteren, Erfahrungen gefunden hat: „Mein Feuer ist, dass sich Menschen bei mir voll zeigen können, so wie sie wirklich sind und die Hüllen fallen lassen können, ohne bewertet zu werden. Sie können sich mir voll anvertrauen. Ich habe das schon immer gespürt. Ich denke ich nähre das und bringe die Yin-Seite in den Menschen hervor.“
„Wenn mein Herz anfängt zu glitzern. Wenn ich spüre, dass ich Menschen begleiten und daran erinnern darf, wie sie sich selber heilen und einfach sein dürfen. Nach Hause kommen, zu sich selbst.“
Einheit
Ich mag das Zitat „Sometimes you have to get lost, to find your way“ und ich finde, dass dieser Satz sehr gut Janinas Weg nach Sri Lanka beschreibt. In der Schweiz verliert sie sich und findet sich langsam in der Ferne wieder – hier darf und kann sie ganz sie selbst sein und muss sich nicht anpassen. Sie lernt gerade, wieder einen Zugang zu ihren eigenen Gefühlen zu entwickeln und ihre Ängste in Vertrauen zu transformieren, dabei ist es ihr wichtig sich verletzlich zu zeigen und zu ihren Schattenseiten aus der Vergangenheit zu stehen. „All meine Schmerzen und Verletzungen sind ein Teil von mir. Das darf ich nicht mehr verleugnen. Sie machen mich erst ganz“, erläutert sie. Sie beschreibt, dass beim Alleinsein oftmals alte Verletzungen sowie Erinnerungen an die Oberfläche kämen – die Auseinandersetzung mit ihnen sei schmerzvoll, doch sehr wichtig für ihren Entwicklungsprozess.
Wie eine Brücke begleitet sie Menschen dabei, ihre Selbstheilungskräfte zu aktivieren, über den Fluss ihrer eigenen Ängste und Schmerzen hinüberzugehen, bei der sie auf der anderen Seite ein besseres Körperbewusstsein für sich selbst finden – Heilung durch Vertrauen in die eigenen Emotionen und Gewahrsein über die Körpergefühle. Sie nimmt ihre Patient:innen liebevoll an die Hand, lässt sie jedoch los, sobald sie fähig sind, Eigenverantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen. Es ist ein natürlicher Prozess, zu der nach ihr jeder Mensch selbst fähig ist, dabei sei es jedoch Voraussetzung zu begreifen, dass Emotionen und körperlichen Symptome eins sind. Janina schöpft aus ihrer eigenen Schatztruhe, die lange Zeit verschlossen war und möchte ihre Erfahrungen und ihr Wissen teilen. Anstatt sich anzupassen, kreiert sie überall wo sie sich aufhält eine eigene kleine Gemeinschaft, in der jeder willkommen ist.
Ich bewundere ihren Ehrgeiz, wie sie trotz ihrer eigenen Baustellen dennoch die Kraft aufbringt, Beratungen, Behandlungen und Frauenzirkel zu initiieren und mit Passion durchzuführen. Selbst während der zeitintensiven Yoga-Ausbildung gibt sie TCM-Behandlungen – meist ungefragt und freiwillig. Manchmal ist sie auch einfach nur da, um zuzuhören und hält den Raum. Als unser Yoga-Lehrer beispielsweise einen Zehenbruch erleidet, sieht man ihn wenig später weiterhin vor der Gruppe unterrichten: mit Nadeln auf dem Kopf und in den Füßen sitzt er auf einem Stuhl und transportiert weiterhin die Inhalte an uns Schüler:innen – ein seltener sowie kurioser Anblick. Er vertraut Janina blind, die sicher und professionell ist in dem was sie tut. Die Nadeln für Akupunkturbehandlungen hat sie auf ihrer Reise stets dabei. Obwohl sie selbst ihre Schwächen sowie Unsicherheiten offen anspricht und mitteilt, dass es ihr manchmal an Selbstwertgefühl mangele, scheint sie bei ihrer Tätigkeit doch gänzlich das Gegenteil zu beweisen. Bei der Behandlung, in der sie sich voller Hingabe und Einfühlungsvermögen auf ihr Gegenüber fokussiert – wirkt sie selbstbewusst und stark. Parallel dazu strahlt Janina eine vertrauensvolle, weiche und liebevolle Wärme aus. Ja es stimmt, sie kultiviert und verkörpert Yin-Kräfte und bringt Ruhe ins Chaos.
„Mir ist es wichtig, dass ich mir immer ausreichend Zeit für den Menschen nehme und ganzheitlich aufkläre, wie alles nach TCM zusammenhängt. Ein zu Hause, wo sie sich zeigen und sich an ihre Essenz erinnern können. […]“
Janina träumt von einem eigenen Yoga Shala mit Therapieräumen im Grünen – einer Begegnungsstätte, die umgeben ist von Stille, Zentrierung und Balance, wo Geborgenheit ausgestrahlt wird – vielleicht gibt es sogar Pferde. Es fällt ihr schwer sich selbst zu erlauben, groß zu träumen. Aber nach einer Schweigepause fährt sie fort: „Mir ist es wichtig, dass ich mir immer ausreichend Zeit für den Menschen nehme und ganzheitlich aufkläre, wie alles nach TCM zusammenhängt. Ein zu Hause, wo sie sich zeigen und sich an ihre Essenz erinnern können. Ich werde sie begleiten mit den Techniken und Therapiemethoden, die sie brauchen – ganz individuell."
Janina blickt lächelnd zu den Glühwürmchen in der Dunkelheit und es weht eine herrlich angenehme Brise. Sie fährt fort: „Ich sehe einen Ort, wo sich die Menschen untereinander austauschen und sich an ihre eigenen Heilkräfte erinnern können“, beschreibt sie ihren Traum und dabei funkeln ihre Augen. Sie ist sicher, dass sie sich in den Bereichen Traumatherapie und Schamanismus weiterbilden wird und ihren eigenen Stil von Therapie gefunden hat, den sie bereits jetzt schon praktiziert. „Vielleicht lebe ich ja in Neuseeland…“, lacht Janina bescheiden. Sie weiß noch nicht, wo ihr Platz in der Welt ist und das ist auch völlig in Ordnung, denn zumindest fühlt und sieht sie, was sie sich wünscht, wenn auch noch nicht wo. „Ich glaube, dass der wichtigste Platz, den wir finden müssen, das Zuhause in uns selbst ist.”
Das Unbekannte ist abenteuerlich und aufregend, wenn auch manchmal beängstigend zugleich, aber das ist das Yin-und Yang – Prinzip: nur in der Dunkelheit sehen wir das Licht.
Es ist schon bizarr und paradox, was nach dem Daoismus jedoch genau diese harmonische Balance im Leben widerspiegelt: man ist so gut darin, anderen die besten und klügsten Ratschläge zu erteilen und erkennt was fehlt oder schiefläuft, doch bei einem selbst fehlt oftmals die klare Sicht – man ist beinahe blind. Doch genau aus diesem Grund sind wir aufeinander angewiesen – wir brauchen einander, um uns den Spiegel vorzuhalten, um uns an unseren Weg sowie an unseren Wesenskern zu erinnern. Denn schließlich sind wir alle wie Bäume, deren Wurzeln unter der Erde miteinander verflochten sind. Meine letzte Frage lautet, was Janina ihrem 8-jährigen Ich sagen würde. Sie lächelt, ihre Antwort ist liebevoll und klar: „Du sollst dich lieben, mit all deinen Facetten. Du bist genau richtig so wie du bist. Du darfst träumen und frei sein und in erster Linie Verantwortung für dich selbst tragen.“
Text und Foto: Katharina Hahn
Fotobearbeitung: Johannes Hahn (Webseite, Instagram)
Veröffentlichung: 07.06.2022
Mehr Infos zu Janina Lenzin: Instagram
Individuelle Angebote, ganzheitliche Begleitung und Therapie (auch online) unter: Be Yin